Ich sehe sie durch unseren Garten in Grünau laufen, eine schmale, schöne Griechin. Das markante Gesicht hat sich mir eingeprägt bis heute. Sie sei, erklärte mir mein Vater, in ihrem Land zum Tode verurtelt. Eine Dichterin. Kommunistin. Mir war egal, was sie war – für mich war entscheidend, wie sie war: Sie war gut. Nein, nicht nett – nett ist zu Kindern beinahe jeder Fremde, der Gast der Eltern ist. Sie war nicht nett. GUT – gütig – was heißt: Wärme spendend. Und genau deshalb war sie schön, obwohl sie gewiss nicht schön war. Die griechische Dichterin scheint mir beinahe vergessen, das erinnert mich daran, dass auch ein gutes Gedicht, ein tolles Stück Prosa manchmal schneller vergessen ist, als menschliche Nähe, die gewärmt hat.
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