Namen sind nicht Schall und Rauch!

Gestern habe ich hier ein Gedicht über die Warschauer Brücke eingestellt – und Miri hat in ihrem Blog „geantwortet“ und über die Bösebrücke erzählt.  

Bis vor einiger Zeit habe ich mehrmals wöchentlich in der Hans-Otto-Straße Kurse geleitet. Der Jugendklub an dieser Stelle hat geschlossen. Zwar ist er nur „umgezogen“ – aber an diesem Platz fehlt er. Jugendliche sind in einem bestimmten Alter oft sehr ortstreu.

Hätte ich niemals dort gearbeitet, wüßte ich vermutlich nicht, wer Hans Otto war. Er war Schauspieler. Als einer der ersten linken Künstler wurde er schon im November 1933 im Alter von 33 Jahren von den Nazis ermordet.

Regelmäßig fuhr ich früher bis zur Dimitroffstraße. Die heißt heute Danziger Straße. Vom gleichnamigen U-Bahnhof – früher Dimitroffstraße - ziehen im Sommer Menschen in Scharen zum Mauerpark. Gut, dass der Park so heißt, erinnert der Name doch an die Mauer. Wer aber von denen, die durch die Danziger Straße gehen, weiß noch wer Georgi Dimitroff war? Natürlich fragt ohnehin nicht jeder nach der Herkunft eines Straßennamens, aber mancher vielleicht doch. Und bei Stadtführungen bietet sich die Erklärung an… Wenn ich Fremde durch diese Stadt führe, nenne ich immer auch die „alten“ Namen der Straßen, wenn ich sie kenne.

Dimitroff

Im Pankower Rathaus, in der Johannes-R. Becher-Straße, erhielt meine Großmutter mit 85 Jahren im Jahr 1988 die Staatsbürgerschaft der DDR. Heute befindet sich das Rathaus in der Breiten Straße. Es ist nicht umgezogen.

Mein Sohn besuchte die Wilhelm-Pieck-Oberschule. Meine Enkeltochter besucht die gleiche Schule. Nur heißt sie jetzt nach „Rosa Luxemburg“. Das ist zweifellos ein schöner Name. Aber ob meine Enkeltochter weiß, wer Wilhelm Pieck war?

Vielleicht kommt eine Zeit, in der es in Berlin wieder eine Otto-Nuschke-Straße, eine Wilhelm-Külz-Straße, einen Kurt-Fischer-Platz und eine Hans-Beimler-Straße gibt.

Das ist unwahrscheinlich?

Menschen sind lernfähig. Ein Anfang ist gemacht, wenn auch nicht in Berlin.

In Zechin. Zechin ist ein kleiner Ort, nicht weit von der Grenze nach Polen – bei Küstrin. Zufällig wohnt ein Freund dort, deshalb hatte ich eine Vorstellung von dem kleinen Dörfchen, als mich eine ots-Pressemeldung erreichte. In der Pressemeldung heißt es:

In Zechin (Märkisch-Oderland) ist jetzt eine Straße nach dem ersten und einzigen DDR-Präsidenten Wilhelm-Pieck (1876 bis 1960) umbenannt worden. Zechins Bürgermeister Robert Thiele sagte über die ungewöhnliche Aktion: „Wir wollen damit auf eine Gedenkstätte in der Straße aufmerksam machen.“ Die Gedenkstätte ließ Piecks Tochter Elly Winter im Jahr 1966 einrichten. Sie sollte zu DDR-Zeiten an den Aufenthalt Piecks ineiner früheren Tischlerwerkstatt erinnern. Ein Anwohner kommentierte die Umbenennung der Straße wie folgt: „Wir wurden ja nicht gefragt, aber ich finde es nicht so gut, dass die Straße jetzt so heißt. Sie ist doch viel zu schlecht dafür.“

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3 Antworten zu Namen sind nicht Schall und Rauch!

  1. Miriam sagt:

    Hans Otto? In Potsdam gibt es das Hans-Otto-Theater.

  2. Senor Pedro sagt:

    @Miri
    Toller Eintrag! Potsdamer Hans-Otto-Blechtheater wurde übrigens nach China versteigert…

    @Maja
    Nüscht gegen Deine Enkeltochter, aber meinst Du, daß sie weiß, wer Rosa Luxemburg war?

    Apropo: Wilhelm Pieck wurde am 03. Januar 1946 Groß-Berliner Ehrenbürger. In West-Berlin wurde ihm diese Würde schon am 16. Dezember 1948 wieder aberkannt. Seit 1992 wird er auch im vereinten Berlin nicht mehr als Ehrenbürger geführt…

  3. Maja Wiens sagt:

    Ich bin sogar überzeugt, dass sie weiß, wer Rosa Luxemburg war. Sie liest ja auch Bakunin und „Konsorten“ – und fragt sehr viel. Aber damit ist sie sicher Angehörige einer Minderheit…
    Meine Tippspielpflichen nehme ich überigens ernst.
    Schön, dass du hier liest.

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