Mein Freund der Baum…

Mein Freund der Baum ist tot. Mehrere meiner Baum-Freunde sind tot. Heute am Morgen kamen die Männer mit ihren kreischenden Maschinen und haben die letzten Bäume auf der letzten Brache in der Neuen Schönholzer Straße gefällt. Gleich neben der Burgerschule boten die dichten, hohen Nadelbäume den Vögeln Schutz und Heimat. Eichelhäher und Ringeltauben, Elstern und Krähen stritten sich um die besten Plätze. Im Winter schaute ich manchmal auf einen kleinen Winterwald. Im Sommer beobachtete ich die tanzenden Wipfel beim Gewitter und fürchtete um die Nester der Eichelhäher. Im Herbst habe ich Zapfen gesammelt und überhaupt, die Bäume waren einfach da – vom Schreibtisch aus im Blick. Tagtäglich, immer.

Natürlich haben die Männer heute nur ihre Arbeit gemacht, natürlich hat das bestimmt alles seine Richtigkeit, sicher wird die Turnhalle, die dort wohl gebaut werden soll, dringend gebraucht.

Aber warum mussten gleich noch die Straßenbäume am Grundstücksrand dran glauben? Gab es da keine andere Lösung? Hat kein Naturschützer HALT gerufen? Letzte Woche war ich über das Grundstück gelaufen, da waren schon etliche Bäume gefällt, aber einige standen ja noch und ich dachte, dass die standhaften am Rand sich in die Zukunft retten könnten. Und mit ihnen vielleicht auch meine Eichelhäher.

Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich heute um Bäume geweint. Und den schrecklich kitschig-sentimentalen Schlager von Alexandra auf Youtube gleich dreimal gehört.

[youtube]https://youtu.be/f_CJeAmiW_0[/youtube]

Dort wo die Bäume standen, nistete im nahen tiefen Gebüsch auch die Nachtigall, die ich ab und an beobachtete und die uns im Frühjahr erfreute. Wer ihr zuhören möchte, kann das tun. Aufgenommen habe ich ihren Gesang im vorletzten Jahr, in der Mitte einer Frühlingsnacht. Einfach die Schläge der Pankower Kirchenglocke mitzählen…

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3 Antworten zu Mein Freund der Baum…

  1. Miriam sagt:

    Liebe Maja,

    ich höre die Glocke 12 Mal schlagen, aber auch Verkehrsgeräusche. Wie kann ich wissen, dass Deine Nachtigall tatsächlich um Mitternacht und nicht um Mittertag zwitscherte? Auf Wikipedia lese ich: “ Während der ganzen Brutsaison bis Mitte Juni singen Nachtigallenmännchen aber auch tagsüber.“ 🙂

    Miriam

  2. Maja Wiens sagt:

    Liebe Miri,
    Du musst mir einfach glauben, dass ich mich mitten in der Nacht auf den Weg gemacht habe – mit einer Videokamera „bewaffnet“. Ich hönnte eventuell die „Bilder“ noch nachliefern, aber mach einfach die Augen zu, dann siehst du in etwa, was zu sehen war.
    Tagsüber ist der Verkehrslärm erheblich stärker und außerdem hört man Menschen und Flugzeuge…

  3. Pingback: Berlin baut Brachen | Jetzt erst recht!

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