Naziblockierer vor Gericht – Tatwerkzeuge: Megafon und Fahne

Morgen steht Markus Tervooren in Dresden vor Gericht. Am 19. Februar 2011 hat er mit Tausenden anderen Demonstranten  den Aufmarsch der Nazis in Dresden blockiert.

Er hat offenbar die Fahne hochgehalten, die der der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA), der ältesten und größten antifaschistischen Organisation in Deutschland, 1948 gegründet von Überlebenden der Konzentrationslager und Zuchthäuser. Und wahrscheinlich hat er sein Megafon benutzt. Ihm drohen zwei Jahre Haft.

„Die Dresdner Staatsanwaltschaft will mich und andere als ‚Landfriedensbrecher‘ und ‚Rädelsführer‘ vor Gericht stellen und verurteilen lassen. Das ist natürlich Quatsch – nicht ich und andere Antifaschist_innen haben über Jahre hinweg den Dresdner ‚Landfrieden‘ gebrochen, sondern die neonazistischen Anhänger der Mörderbande ‚NSU‘. Die Blockaden in Dresden brauch(t)en keine ‚Rädelsführer‘, wohl aber tausende Menschen mit Zivilcourage, Ãœberzeugungstäter eben, denen Rassismus und Antisemitismus und tausendfache NS-Verherrlichung unerträglich ist. Den Dresdener ‚Landfrieden‘, der es den Neonazis jahrelang ermöglichte, ungehindert aufzumarschieren, ihr Selbstbewusstsein und Selbstverständnis stärkte, brechen wir auch im Februar 2013 wieder gerne. Naziaufmärsche blockieren ist unser Recht! Und es ist gegenüber den Opfern der alten und neuen Nazis auch unsere Pflicht.“  (Markus Tervooren, 2012)

Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes –  Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten e. V.

Wir stehen hinter den Blockaden!

Am Donnerstag, den 16. Oktober um 10 Uhr, beginnt der Prozess gegen Markus Tervooren vor dem Amtsgericht Dresden. Der Beschuldigte gehörte am 19. Februar 2011 zu den Tausenden Demonstrantinnen und Demonstranten, die mit Sprechchören, Musik, Gesängen und mit Blockaden, als einem legitimen Mittel des zivilen Ungehorsams, den braunen Umzug stoppten. Wir waren hoch erfreut, dass so viele Menschen gegen den europaweit größten Naziaufmarsch auf die Straße gegangen sind. Sie alle haben dafür gesorgt, dass diese Naziaufmärsche in Dresden seit 2012 nicht mehr stattfinden. Dafür danken wir Markus Tervooren, dem Geschäftsführer der Berliner VVN-BdA, und allen anderen, die sich seit Jahren an den Protesten beteiligt haben.

Umso unverständlicher ist es, dass sich ein Antifaschist nach mehr als dreieinhalb Jahren für seinen Protest verantworten soll. Zu seinen „Tatwerkzeugen“ gehörten, so heißt es in der Anklage, ein Megafon und eine Fahne. Dabei handelt es sich um die Fahne der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA), der ältesten und größten antifaschistischen Organisation in Deutschland, 1948 gegründet von Überlebenden der Konzentrationslager und Zuchthäuser.

Von diesem Prozess geht ein fatales Signal aus. Während Neonazis und Rassisten in Sachsen unbehelligt leben – wie noch vor drei Jahren das NSU-Mördertrio – werden Antifaschisten kriminalisiert. Die Neonazi-Szene kann sich drei Jahre nach Aufdeckung des NSU durch die sächsische Justiz nur bestätigt fühlen.

Wir, Verfolgte des Naziregimes und Überlebende des Holocausts, Emigranten, Kämpfer in den Reihen der Antihitlerkoalition, Wehrmachtsdeserteure, Vertreter der zweiten Generation der Opfer des Faschismus, sind empört, dass solch ein Gerichtsverfahren überhaupt stattfinden kann.

Wir fordern die sofortige Einstellung des Prozesses gegen Markus Tervooren und gegen den Pfarrer Lothar König aus Jena.

  • Elisabeth Abendroth
  • Ralf Bachmann, rassisch verfolgt
  • Ludwig Baumann, Wehrmachtsdeserteur, Vorsitzender der Bundesvereinigung der Opfer der Militärjustiz
  • Dr. Hans Coppi
  • Vera Dehle-Thälmann
  • Lore Diehr, illegal tätig in Berlin-Pankow
  • Regina Elsner, 1. Landessprecherin VVN-BdA-Sachsen
  • Dr. Peter Fischer
  • Prof. Dr. Vera Friedländer, rassisch verfolgt, Zwangsarbeiterin bei Salamander
  • Jutta Peter Giersich, Landessprecher VVN-BdA –Sachsen
  • Ernst Grube, Ãœberlebender des KZ Theresienstadt
  • Prof. Dr. Kurt Goßweiler, Wehrmachtsdeserteur
  • Kurt Gutmann, im Kindertransport nach England gerettet, Freiwilliger der britischen Armee
  • Volkmar Harnisch, als 18-Jähriger wg. Hochverrat und Wehrkraftzersetzung zu Gefängnis verurteilt
  • Andrej Hermlin
  • Hildegard Hentschke, Widerstandskämpferin, Frauengefängnis Bötzow
  • Roland Hering, VVN-BdA Radebeul
  • Marianne Kaufhold, rassisch verfolgt
  • Elisabeth Jäger, Ãœberlebende des KZ Ravensbrück
  • Dr. Peter Kirchner, rassisch verfolgt
  • Maria König, Ãœberlebende von Auschwitz.
  • Werner Knapp, Soldat in der tschechoslowakischen Auslandsarmee in Frankreich
  • Dr. Inge Lammel, im Kindertransport nach England gerettet
  • André Lang, Mitglied Landesvorstand VVN-BdA Sachsen
  • André Lohmar
    Prof. Dr. Moritz Mebel, überlebte im Exil in der Sowjetunion, Offizier der Roten Armee
  • Peter Neuhof, rassisch verfolgt und Zwangsarbeiter
  • Miriam Pandor, überlebte im Exil in den Vereinigten Staaten
  • Edith Pfeiffer
  • Brigitte Rothert-Tucholsky, ihre Mutter wurde durch die Bombenangriffe auf Dresden in letzter Stunde vor der Deportation gerettet
  • Sabine Reichwein
  • Dr. Bärbel Schindler-Saefkow
  • Horst Selbiger, rassisch verfolgt, Ehrenvorsitz der „Child Survivors Deutschland – Ãœberlebende Kinder der Shoah“
  • Frido Seydewitz, Ehrenvorsitzender VVN-BdA Sachsen
  • Justin Sonder, Ãœberlebender von Auschwitz
  • Steffi Wittenberg, überlebte im Exil in Uruguay
  • Kurt Gossweiler, Wehrmachtsdeserteur
  • Marianne Wilke, Ehrenvorsitzende der VVN-BdA Schleswig-Holstein, rassisch verfolgt
  • Günther Wilke, VVN-BdA Wedel

 

Spendenkonto für die Prozesskosten Berliner VVN-BdA e.V.

IBAN: DE 1810 01001 00315904105

BIC : PBNKDEFF

Verwendungszweck: Prozesshilfe

 

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Eine Antwort zu Naziblockierer vor Gericht – Tatwerkzeuge: Megafon und Fahne

  1. Miriam sagt:

    Es fehlen einem die Worte. Genau die braucht man allerdings, überzeugende. Und Geld für die Anwälte. Denn wir leben in einem Rechtsstaat, in dem bekommt man nichts geschenkt.

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