Mitten im Frühling kam der Winter…

…und deshalb gibt es hier heute keinen wirklichen Text. Nur einen „geborgten“…  Kurt Tucholski war so freundlich:

 

Der Lenz ist da!

Das Lenzsymptom zeigt sich zuerst beim Hunde,

dann im Kalender und dann in der Luft,

und endlich hüllt auch Fräulein Adelgunde

sich in die frischgewaschene Frühlingskluft.

 

Ach ja, der Mensch! Was will er nur vom Lenze?

Ist er denn nicht das ganze Jahr in Brunst?

Doch seine Triebe kennen keine Grenze –

dies Uhrwerk hat der liebe Gott verhunzt.

 

Der Vorgang ist in jedem Jahr derselbe:

man schwelgt, wo man nur züchtig beten sollt,

und man zerdrückt dem Heiligtum das gelbe

geblümte Kleid – ja, hat das Gott gewollt?

 

Die ganze Fauna treibt es immer wieder:

Da ist ein Spitz und eine Pudelmaid –

die feine Dame senkt die Augenlider,

der Arbeitsmann hingegen scheint voll Neid.

 

Durch rauh Gebrüll läßt sich das Paar nicht stören,

ein Fußtritt trifft den armen Romeo –

mich deucht, hier sollten zwei sich nicht gehören …

Und das geht alle, alle Jahre so.

 

Komm, Mutter, reich mir meine Mandoline,

stell mir den Kaffee auf den Küchentritt. –

Schon dröhnt mein Baß: Sabine, bine, bine …

Was will man tun? Man macht es schließlich mit.

Danke Kurt für das Gedicht und eein Dank an Paul für den Baum – und der Winter ist hoffentlich gut nach Hause gekommen :-). 

[mygal=baum]

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Eine Antwort zu Mitten im Frühling kam der Winter…

  1. Winter sagt:

    Hier der Tucholsky – Beitrag des gut durch den Pankower Nacht – Frühling gekommenen Winters:

    *

    Auf Urlaub

    Die Residenz!

    Gu’n Tag, du Metropole!

    Da ist auch schon der Alexanderplatz …

    Verstatte, dass ich mich das Schneuztuch hole,

    das Herz schlägt stürmisch unterm Busenlatz.

    Du gute Spree mit dem geduldigen Rücken,

    der Ruderklubs und der Mamsells Entzücken –

    ich seh dich still und mächtig dreckig ziehn …

    Berlin!

    Die Weiche knackt. Der Zug zischt an den Hallen

    der Stadtbahn lang. Da liegt der dicke Dom.

    Die pfui! die Friedrichstraße will mir recht gefallen,

    am Charitéhaus grünt ein Appelboom.

    Die Völker auf den Straßen sind nicht ohne:

    dem Gang nach lauter Jrafens und Barone.

    Es riecht nach Geld. Prozente, Mensch, verdien!

    Berlin!

    Charlottenburg. Da steht die lange Claire,

    den Bastard meiner Liebe an der Hand.

    Ob auch die Rationierung an uns zehre –

    der Knochenbau hält allen Feinden stand.

    Das wird die rechte Wiedersehensfeier!

    Ich hab (im Rucksack) fünfundsiebzig Eier –

    Da hält der Zug! Die Kümmernisse fliehn …

    Berlin! Berlin!

    Theobald Tiger

    *

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