Anne will vielleicht, kann aber nicht!

Die Nachfolgerin der Sonntag-Abend-Politik-Talkerin Sabine Christiansen – ANNE WILL – hat heute ihr Debüt in den Sand gesetzt. Eine Höllenangst soll sie gehabt haben, die Star-Moderatorin, vor ihrer ersten Sendung in der Nachfolge der Sonntagabendikone. Sie wollte ein eigenes Sonntag-Abend-Profil, ihre Sendung würde anders aussehen und sich anders anhören, sagte sie vorher der Presse. Das stimmt. Die Neue erreicht nicht einmal das Niveau ihrer Vorgängerin. Während Frau Christiansen wenigstens noch wusste, was sie sagt, auch wenn es häufig Blödsinn war, schien es mir heute, Frau Will hätte sich gleich nach der Sendung in Behandlung begeben sollen: bei einem ihrer Gäste. Der Psychotherapeut aus der Brandenburgklinik hätte vielleicht manchen Rat auf Lager: Er behandelt Menschen mit Burn-Out-Syndrom schließlich ständig. 

Frau Will glänzte am heutigen Abend mit der Abwesenheit von Information zu den Dingen, die sie behauptete. Da fuhr ihr der SPD-Vorsitzende Beck über den Mund und sagte: „Das habe ich nie gesagt!“ Und KLEIN-ANNE saß da und wollte vielleicht etwas sagen, wusste aber nicht was. Wenn man etwas behauptet, dann sollte man das passende Zitat auch in den Unterlagen haben und wissen, was genau gesagt wurde und wann. Das hat vielleicht Frau Will keiner verraten, weil alle dachten, sie wisse das schon.

In ihrem „Wohnzimmer“ hat Frau Will dann auch gleich unterschiedliche Bereiche eingerichtet: Den für die Herrschaft und den für das Volk.

Heute gehörten zur Herrschaft: SPD-Chef Kurt Beck; der stellvertretende CDU-Vorsitzende Jürgen Rüttgers; René Obermann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom  und die evangelische Landesbischöfin Margot Käßmann.

Das Volk – die Betroffenen – wurde vorwiegend repräsentiert von der abseits sitzenden Kerstin Weser, die in einem Callcenter 130 km weit weg von zu Hause für den Hungerlohn von 5 € Brutto in Vollzeit beschäftigt ist und trotzdem ergänzendes Arbeitslosengeld II beantragen musste, weil sie von dem Lohn ihrer Arbeit nicht leben kann. Jetzt muss sie ihre Kontoauszüge regelmäßig beim Amt vorlegen, darf nichts ansparen (wovon auch?) und als sie neulich einen Unfall mit dem Auto hatte, mit dem sie zur Arbeit fährt, war sie wieder einmal auf die Hilfe ihrer Eltern angewiesen.

Ebenfalls abseits saß der Psychotherapeut Bernd Sprenger – allerdings nicht zusammen mit Frau Weser. Damit wurde unter anderem auch verhindert, dass die beiden vom Zentralgespräch ausgeschlossenen Gäste sich miteinander unterhalten konnten. Einmischung unerwünscht. Nein, eine Gesprächsrunde war das nicht.

Frage Anne Will: „Sollte man Hartz 4 abschaffen?“

Antwort: Rüttgers: „Das ist die Forderung, den Mond blau anzumalen!“

Bis vor wenigen Jahren war der Mond also blau. Hat man ihn danach gelb angemalt? Der Titel der heutigen Sendung lautete: „Rendite statt Respekt: Wenn Arbeit ihren Wert verliert“.

Frau Will hatte angekündigt: „Bei mir wird nicht gekuschelt!“ Beck und Rüttgers kuschelnd auf einem Sofa, das wäre mal etwas Neues gewesen. So sah ich einen langweiligen Dialog der beiden Politiker – die Meinung der anderen Teilnehmer hätte man gut auch per Videoclip einspielen können, denn wirklich beteiligt an der Diskussion wurden sie nicht. Für einen öffentlichen Gedankenaustausch hätte die Moderatorin sorgen müssen, aber Anne will vielleicht, kann aber nicht.

 

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