Über die Schwierigkeiten der Umerziehung, Peter stört und die Spatzen im Gebälk

Das hatte mir gerade noch gefehlt heute: dieses Gedicht. Als wüsste ich nicht um die Schwierigkeiten, irgendetwas irgendwo irgendwann zu ändern.

Das Gedicht, das mich per Mail erreichte, heißt „Ãœber die Schwierigkeiten der Umerziehung“ und sein Autor ist Hans Magnus Enzensberger. 

In dem lustigen Gedicht geht es um die Leute, die immer all die schönen Pläne vom Goldnen Zeitalter und vom Absterben des Staates dadurch durcheinander bringen, dass sie stets sich um etwas anderes kümmern…

„Wenn es um die Befreiung der Menschheit geht 

laufen sie zum Friseur

Statt begeistert hinter der Vorhut herzutrippeln

sagen sie: Jetzt wär ein Bier gut

Statt um die gerechte Sache

kämpfen sie mit Krampfadern“

Ja, ich wiederhole: Ausgerechnet dieses Gedicht mir heute – das hatte gerade noch gefehlt. Einen halben Tag hatten wir gekämpft um die Aufmerksamkeit eines 14jährigen für seine ureigenen Belange.  Aber das, was wir (die ALTEN) für seine Belange halten, hält er eher für belanglos, auch wenn er das nicht laut sagen würde. Dazu ist er zu gut erzogen. Nun wäre es vielleicht besser, er würde laut sagen, dass wir (die ALTEN) ihn alle nur nerven und dass er sein Spiel spielen will am Computer – und/oder im wirklichen Leben, das ja schließlich sein Leben ist und nicht unseres. Aber denkt er so – weit? Jedenfalls sagt er nicht, dass wir ihn gefälligst in Ruhe lassen sollen – er hofft nur, dass die Zeit vergeht…  Wir machen uns Gedanken um seine Zukunft. Ist da etwas schief? Er hat keinen Spaß an der Schule. Keine Lust. Mathe, Französisch, Latein und Physik – das ist für ihn alles dasselbe: UNINTERESSANT. Wir wissen um die eventuellen Folgen seiner Unlust, er weiß sicher weniger davon. Aber unsere Worte vergrößern nur seine Abneigung gegen das Zuhören, nicht sein Wissen.

Ich vermute mal, der gute Hans Magnus Enzensberger hat in seinem Gedicht „Ãœber die Schwierigkeiten der Umerziehung“  das Wort „Umerziehung“ ironisch gemeint. Vermutlich war er sich beim Schreiben des Gedichtes durchaus der Tatsache bewusst, dass schon Erziehung an sich eine fragwürdige Angelegenheit ist, weil man jemanden irgendwo hinziehen will (in der Regel ohne ihn gefragt zu haben und ohne seine Einwilligung) und also davon ausgeht, dass derjenige falsch steht 🙂 und man selbst natürlich richtig.

Es kommt aber doch darauf an, dem Kind zu helfen, seine Möglichkeiten auszuschöpfen.

Wenn aber Erziehung schon fragwürdig ist, wie schlimm ist dann Umerziehung! „Miteinander wachsen statt erziehen“ – sagten wir anlässlich der „Kinderrechtlichen Aktion“ im Herbst 1991. Damals war meine praktische Lebenserfahrung mit den Schulrealitäten und Bildungserwartungshorizonten im real existierenden Kapitalismus noch gering, und ich hoffte auf positive Erneuerung der Abteilung „Bildung und Ausbildung“. Dabei hätte ich es auf Grund meiner theoretischen Kenntnisse vom Kapitalismus durchaus besser wissen können. Aber manche Dinge begreift man eben erst, wenn man sie erlebt. (Begreifen – etwas anfassen können…)

Der störende Peter begegnete mir in den späten 90iger Jahren gemeinsam mit der Hermeneutik. Hier kann man nachlesen, was Peter anstellt. Jeder Leser mag sich fragen, wie er als Lehrer in der geschilderten Situation regiert hätte. Berichte und „Lösungen“ in Form von Kommentaren sind natürlich willkommen.

Der arme Peter treibt sein Unwesen nun schon seit den 60iger Jahren in erziehungswissenschaftlichen Seminaren. Ãœber ihn und die Spatzen, die Friedrich den Großen so störten, die Hermeneutik und andere Wichtigkeiten gibt es morgen hier mehr zu lesen…

 

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