Staatsbürgerkundeunterricht. Der war flach. Was haben wir da gelacht. Während wir in der Schule vom Schreckgespenst der Arbeitslosigkeit hörten, kaufte drüben Onkel Wilhelm gerade seinen neuesten „Wagen“ und schickte uns Pakete aus denen es roch wie im Intershop.
Damals war der real existierende Kapitalismus nebenan ja noch ganz anders als heute, denn wir waren ja seine Konkurrenz und das, was wir über ihn in der Schule hörten, war keineswegs kongruent mit unseren Fernseh-Ansichten des fernen Systems.
Inzwischen haben wir praktischen Unterricht in Staatsbürgerkunde. Und dabei nichts mehr zu lachen. Diesen Unterricht haben auch alle, die in der DDR nie Staatsbürgerkunde hatten.
Neulich erlebte JEMAND – jung und gut qualifiziert – wie schnell man gefeuert werden kann. Es wurde unerwartet krank. Für länger. Da war sehr schnell die Kündigung im Briefkasten. Er war ja noch in der Probezeit, und die Firma, die er sich ausgesucht hatte, schließlich will man ja Karriere machen, war ein aufstrebendes Unternehmen. In aufstrebenden Unternehmn ist aber kein Platz für Kranke, da geht es um Profit.
Trotzdem denkt JEMAND, dass die Welt in Deutschland im Prinzip in Ordnung sei, das mit der Krankheit war nur persönliches Pech und im Prinzip wäre JEDER JEMAND seines Glückes Schmied.
Schade, dass JEMAND keinen Staatsbürgerkundeunterricht hat. Dann würde er vielleicht verstehen, dass, was er für persönliches Pech hält, zum Motor des Systems gehört und es in diesem System nichts, aber auch gar nichts gibt, was ihn wirklich schützt vor dem „Stempellied“.
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