Lob des Aufhebens

Es ist sehr viel einfacher, seine Wohnumgebung ordentlich und sauber zu halten, wenn man die Dinge um sich herum reduziert. S. hat sich deshalb sogar von seiner geliebten Shakespeare-Ausgabe getrennt – und von vielen anderen Büchern ebenfalls. L., sagte mir heute, sie wolle lieber keinen zusätzlichen Bildschirm für ihr Notebook, sie möchte so wenige technische Geräte wie möglich um sich herum haben. Bei H. gibt es nur ein riesiges Bett, eine Lampe, einen Schreibtisch und ein Sofa mit einem Tisch. Und ein kleines Regal mit etwa 15 Büchern. Sie stehen in einer Reihe. Immer wenn er ein neues kauft, wird es als letztes in die Reihe gestellt, und er verschenkt das erste. Der Trend geht eindeutig zum Minimalistischen.

Ich gehöre eher zu den Jägern und Sammlern. Das bedauere ich manchmal. Es fällt mir nicht schwer, mich von Dingen zu trennen, aber ich möchte sie gern weitergeben. Wegwerfen, das ist für mich schwierig, wenn ich glaube, jemand anderes könne mit dem Gegenstand, der Jacke, dem technischen Gerät noch etwas anfangen. Da wir aber in einer Neukaufgesellschaft leben, bleibe ich auf vielen Dingen sitzen. Ich frage herum, aber keiner will sie.

Heute begegnete mir beim Aufräumen ein Handy – DUAL-SIM – das könnte ich weitergeben, es ist kein Smartphone, und ich brauche es gewiss nicht mehr, aber wer will so ein altes Telefon schon?  Man kann damit zwar telefonieren und sogar fotografieren, aber trotzdem ist es unmodern. Was nun? Wegwerfen? Das kann ich nicht. Es ist voll funktionsfähig und Menschen haben daran gearbeitet. Es ist ein Wert, ein Wertgegenstand.  Irgendwann finde ich jemand, der es gebrauchen kann – vielleicht. Und noch habe ich Platz dafür. Frisst ja kein Brot, wie man so treffend sagt.

Aber noch etwas habe ich gefunden, tief hinten im Kleiderschrank, etwas, was die meisten ordnungsliebenden Menschen sicher längst „entsorgt“ hätten. Einen kleinen Zettel, der aus dem Jahr 1994 stammt, verborgen in einem Kästchen mit „Maja“-Seife. Maja-Seife bekomme ich immer wieder seit vielen, vielen Jahren geschenkt, und sie hält sich bei mir deshalb ziemlich lange. Manchmal offenbar sogar 23 Jahre.

Auf dem Zettel bedankt sich P. für meine Hilfe bei seiner Abiturprüfung. Der Zettel beginnt mit den Worten: Hey Maja! Ich rechne damit, dass Du diesen Zettel etwas später als gedacht liest…

Wie schön, dass ich das Kästchen mit der Seife aufgehoben habe. Maja -Seife bekomme ich übrigens immer noch geschenkt :-).

Zettel

Zettel

Maja Seife

Maja Seife

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