Man muss sich wehren

Stichpunkte:

Komfortzone .Schwer zu erfassen, woher solche Begriffe kommen, wengleich man,  ach nein, nicht man (!), nicht irgendwer – sogar ich doch weiß, die kommen aus dem Englischen. Aber woher kommen sie dort? Was dahinter steckt, das interessiert mich. Fragte gestern herum. Komfortzone. Keine Antworten, nur Achselzucken und schneller Ãœbergang in die Small-Talk-Zone. Im Netz finden sich diverse Texte zur Komfortzone – im Wesentlichen mit einem Tenor:  Es sei wichtig, die Komfortzone zu verlassen, damit man sich entwickleln könne. Stimmt nicht unbedingt. Der kleine Mensch entwickelt sich bis zur Geburt in einer absoluten Komfortzone.

In der DDR gab es Komfortwohnungen. Als Jugendliche wohnte ich zeitweise in einer, auf die meine Mutter sehr stolz war. Als sei es irgendwie ein Verdienst, eine Wohnung mit einer inneliegenden Toilette und einer Badewanne zu haben. Die Wärme kam aus der Ferne. Auch im Winter hatten wir alle Fentser gekippt, sonst wäre es nicht auszuhalten gewesen.  Der Duft von gebratener Braunkohle hing über der Stadt. Die meine Mutter umgebende Wohnungs-Komfortzone habe ich gerade noch rechtzeitig verlassen.  Ich wehrte mich gegen das Genausowerden und entschied mich für das andere Leben. Auch war ich kein Unkraut wie meine Mutter meinte, sondern eine Wildpflanze. Gegen Unkrautex bin ich resistent.

Frau K. (weit in den 90igern), die heute ich wegen der Übergabe von Katzenfutter anrief, hat einen vollen Terminkalender. Man muss sich vielleicht gegen das Alter wehren, indem man aufhört, es wahrzunehmen als eine Begrenzung der eigenen Möglichkeiten.

Es lohnt sich weiterzudenken. Verweigerung von Gedankenarbeit ist kontraproduktiv für das Überleben. Da zählt keine Entschuldigung.

Ein Schmetterling, den ich gestern fotografieren wollte, wurde auf meiner Schulter entdeckt, auf der er sich zeitweise niedergelassen hatte.

Ein Plastikfisch umschließt eine Tüte mit einem Salatrest. Die blaue Hanna blüht. Wirkliche Nähe verschwindet mit dem Tod nicht. Die fremden Gedanken haben sich eingegraben und fanden eine Heimstadt. Menschliche Ãœberlebensstrategie. Auch eine Art Wiedergeburt.  Wir lasen: „Eine taktische Frage“ – Rosa Luxemburg. (Bei Interesse: KLICK)

Mein Kopf fotografiert Worte. Festhalten: Gewöhnliche Gewohnheiten. Fuhr gestern mit der Kollegin durch gewerbliche Gegenden.

Schlimmer als Gedankenarmut kann fehlende Selbstreflexion sein. Als gestern jemand Freundlichkeit als Zeitverschwendung und Formalie abtat, da brach es mir fast das Herz – völlig unnötig. Hätte es gleich ablegen sollen unter dem Label Unsymphat. Ich erinnerte mich in dem Zusamenhang an Horst E. Richter.  Fand sein Buch auch gleich im Regal:

„Die natürliche Bedingung für die Wechselbeziehung zwischen Hilfe und sozialer Hilfe ist die alles menschliche Leben verbindende Anlage zur Sympathie. Das ist nicht nur die Fähigkeit sich wechselseitig einzufühlen. Sondern auch die spontane Bereitschaft, eher der als Notwendigkeit erlebbare Hang zu einem spontanen Mitfühlen. Der Einzelne findet sich, wenn er sich nicht gewaltsam egozentrisch selbst isoliert, ursprünglich und spontan in die Gemeinschaft eingebunden.

Unter den Zwängen des Machtprinzips und des egozentrischen Rivalisierens wird die als Sympathie ursprünglich und natürlicherweise gegebene emotionale Beziehung unter allen Einzelwesen kaum mehr wahrgenommen.“ (Das Urphänomen Sympathie als Disposition für Solidarität und Gerechtigkeit – 16. Kapitel in Der Gotteskomplex)

Brombeeren locken in S., reif oder noch nicht reif, das ist die Frage. Noch nicht reif, verspreche ich mir hoffnungsfroh.

 

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