Wen konkret, also welche Berufsgruppen, meine ich mit dem von mir erfundenen freiberuflichen Nichtkünstler? Außer den viel diskutierten „Zahnärzten“ und „Physiotherapeuten“, von denen nicht alle wirklich reich sind, meine ich vor allem freiberuflich tätige Menschen unterschiedlichster Berufe bzw. Ausbildungen mit Aufträgen bzw. Aushilfstätigkeiten in verschiedenen Bereichen, für die sie Honorare erhalten, also keine 400,00 €-Jobber, denn die bleiben beitragsbefreit, es sei denn es kommt weiteres Einkommen hinzu. Das können z.B. Künstler sein, die mit ihrer Kunst weniger als 325,00 € im Monat verdienen und daher von der Künstlersozialkasse nicht als Künstler akzeptiert werden und nebenbei berufsfremd kellnern oder vergleichbare Hilfsarbeiten verrichten. Ich meine Menschen, die auf Honorarbasis vom Existenzminimum oder auch etwas weniger leben, aber nicht zum Jobcenter gehen (wollen). Die müssten sich, wenn sie rentenversicherungspflichtig würden, beim Jobcenter melden und es ist gut vorstellbar, dass sie ihren vorherigen Erwerbstätigkeiten weiterhin nachgingen, dann allerdings „schwarz“.
Es geht keineswegs allen, die die Petition gegen das Eckpunktepapier von Frau von der Leyen unterschreiben, darum, ein gerechtes Rentensystem, in dem alle in EINE Kasse einzahlen, zu verhindern. Wenngleich es die natürlich auch gibt, da habt ihr vollkommen Recht. Aber an dieser Ungerechtigkeit will Frau von der Leyen gar nichts ändern, die privaten Versicherer tastet sie nicht an. Wer ausreichend private Vorsorge nachweisen kann, muss auch ab 2013 nicht in die gesetzliche Versicherung einzahlen, sofern seine Absicherung die Kriterien, nach denen Rente definiert ist, erfüllt. In der Tat muss dann der „Zahnarzt“, der bis jetzt nur Aktien und Fondanteile gekauft hat, um mit den Gewinnen sein Leben im Alter zu finanzieren, anfangen, in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen. Wenn er ausreichend riestert oder rürupt, muss er das nicht.
Problematisch sind die Vorschläge aus dem Arbeitsministerium für die, die keinen Rentenversicherungsschutz haben. Das sind nicht zwingend die Superreichen, sondern die working poor.
Dass mein fiktiver freiberuflicher Nichtkünstler ohnehin schon Kunde beim Jobcenter ist, stimmt m.E. Nicht, denn es bleibt ihm zwar nach Abzug aller Fixkosten tatsächlich etwas weniger als der Regelsatz, aber ich haber etliches rausgerechnet, was nach SGB II vom Regelsatz zu bezahlen wäre: Energie (abzüglich Heizenergie), Gesundheitskosten, Fahrgeld… Wer mit einem Einkommen von 1000,00 € zum Jobcenter geht, wird abgewiesen, es sei denn, er/ sie hat 1 Kind/ Kinder. Mein fiktiver freiberuflicher Nichtkünstler ist Single.Und für ca. 250,00 € warm wohnen übrigens – auch in Berlin – alle, die aus Kostengründen auf eine eigene Wohnung verzichten und stattdessen ein WG-Zimmer bewohnen, und darüber hinaus noch vereinzelte „Glückspilze“ wie Gaja oder ich mit kleinen Wohnungen, die noch nicht saniert sind und sich in schlechter Wohnlage befinden.
In gewisser Weise ist die Diskussion hier aber schwierig, und zwar insofern, als wir hier über ein Eckpunktepapier herziehen, das inkonkret ist und großen Interpretationsspielraum lässt. Was beispielsweise sind „pragmatische“ Übergangsregelungen für die 30 bis 50jährigen? Viele derer, bei denen das Papier Angst schürt, sind zwischen 30 und 50, also nicht die Hauptzielgruppe, aber auch nicht völlig aus dem Gefecht. Und da Frau von der Leyen Journalisten gegenüber geäußert hat, dass man in ihrem Ministerium nicht genau wisse, wie es um die Altersvorsorge Selbstständiger tatsächlich bestellt ist, und deshalb eine Machbarkeitsstudie bei McKinsey in Auftrag gegeben sei, halte ich es für legitim, wenn Selbstständige McKinsey etwas „helfen“ und Frau von der Leyen sagen, wie es um ihre finanzielle Situation bestellt ist. Die Dame ist ahnungslos. Sie schließt von sich auf alle anderen. Sie hat keine finanziellen Probleme.
Gegen Solidarität habe ich nichts, aber auch wirklich gar nichts einzuwenden!
Und dass wir uns in einer sozialen Schieflage befinden, die sich nicht zuletzt in Löhnen ausdrückt, mit denen ein menschenwürdiges Leben und gesellschaftliche Teilhabe nicht für alle möglich sind, habe ich mit meinen Worten nicht bestritten, sonst stünde am Ende nicht: So lange es Menschen gibt, die unsolidarisch bezahlt werden, gibt es auch unsolidarisches Beitragsverhalten.
-
Archive
- Februar 2024
- Januar 2024
- November 2023
- Oktober 2023
- August 2023
- Mai 2023
- April 2023
- März 2023
- Februar 2023
- Januar 2023
- Dezember 2022
- November 2022
- Oktober 2022
- August 2022
- Juni 2022
- Mai 2022
- April 2022
- Februar 2022
- Oktober 2021
- September 2021
- August 2021
- Juli 2021
- Juni 2021
- April 2021
- März 2021
- Februar 2021
- Januar 2021
- Dezember 2020
- November 2020
- Oktober 2020
- September 2020
- August 2020
- Juli 2020
- Mai 2020
- März 2020
- Februar 2020
- Januar 2020
- Dezember 2019
- November 2019
- Oktober 2019
- September 2019
- August 2019
- Juli 2019
- Juni 2019
- Mai 2019
- April 2019
- März 2019
- Februar 2019
- Januar 2019
- November 2018
- Oktober 2018
- September 2018
- August 2018
- Juli 2018
- Juni 2018
- Mai 2018
- April 2018
- März 2018
- Februar 2018
- Januar 2018
- Dezember 2017
- November 2017
- Oktober 2017
- September 2017
- August 2017
- Juli 2017
- Juni 2017
- Mai 2017
- April 2017
- März 2017
- Februar 2017
- Januar 2017
- August 2016
- Mai 2016
- April 2016
- März 2016
- Februar 2016
- Januar 2016
- November 2015
- September 2015
- Juni 2015
- Mai 2015
- April 2015
- März 2015
- Oktober 2014
- September 2014
- Juli 2014
- Juni 2014
- Mai 2014
- Februar 2014
- Januar 2014
- November 2013
- Oktober 2013
- September 2013
- August 2013
- Juli 2013
- Juni 2013
- Mai 2013
- März 2013
- Februar 2013
- Januar 2013
- Dezember 2012
- November 2012
- Oktober 2012
- September 2012
- August 2012
- Juli 2012
- Juni 2012
- Mai 2012
- Dezember 2011
- November 2011
- Oktober 2011
- Juli 2011
- Februar 2011
- Januar 2011
- Dezember 2010
- November 2010
- Oktober 2010
- September 2010
- August 2010
- Juni 2010
- Mai 2010
- April 2010
- März 2010
- Februar 2010
- Dezember 2009
- November 2009
- Oktober 2009
- September 2009
- August 2009
- Juli 2009
- Juni 2009
- Mai 2009
- April 2009
- März 2009
- Februar 2009
- Januar 2009
- Dezember 2008
- November 2008
- Oktober 2008
- September 2008
- August 2008
- Juli 2008
- Juni 2008
- Mai 2008
- April 2008
- März 2008
- Februar 2008
- Januar 2008
- Dezember 2007
- November 2007
- Oktober 2007
- September 2007
- August 2007
- Juli 2007
- Juni 2007
- Mai 2007
- April 2007
- März 2007
- Februar 2007
- Januar 2007
- Dezember 2006
- November 2006
- Oktober 2006
- Januar 2005
-
Meta