Spieglein, Spieglein an der Wand – wer ist der Dümmste im ganzen Land?

Spieglein, Spieglein an der Wand – wer ist der Dümmste im ganzen Land?

Journalisten, die blauäugig Politikerquatsch hochjubeln?

Leser, die hinnehmen was sie so lesen müssen, es selbst aber besser wissen?

Oder wir alle, weil wir uns offenbar beinahe alles gefallen lassen, ohne sofort die Signale zu hören und endlich auf die Barrikaden zu steigen?

Es herrscht – leider – vorwiegend Ruhe im Land.

Geknüppelt wird von der Journaille eben gerade nicht auf die Bundesregierung und ihre Verbündeten (Ausbeuter jeder Couleur), die Millionen Kinder (und deren Eltern) in einem reichen Land Armut leben lassen.

Geknüppelt wird zum Beispiel auf  Linken-Chef Ernst wegen seines Lebensstils. Die (mit Freunden gepachtete) Almhütte und ein zehn Jahre alter Porsche sind Anlass für großes Geschrei über einen Lebensstil, der eines Linken nicht würdig sei. Ob Welt-Online oder SPIEGEL-ONLINE – sie holen sich linken Beistand von einem (natürlich namentlich nicht genannten) Abgeordneten der Linkspartei oder einem (ebenfalls nicht namentlich genannten) prominenten Mitglied der Partei.

„Das ist ein wahres Dilettantenstadl“, sagt ein führender Linken-Bundestagsabgeordneter. Die Bundespartei hätte die Auseinandersetzungen im Süden der Republik nicht so weit kommen lassen dürfen, er spricht gegenüber SPIEGEL ONLINE von „schlechtem Management und Unprofessionalität“.  SPIEGEL-ONLINE

„“Ernst ist ein Parteichef auf Abruf“, sagte ein prominentes Mitglied der Partei der WELT. „Nur haben wir nichts davon, wenn er jetzt gehen muss oder selbst geht.“  WELT-ONLINE

Geht es nicht um den Lebensstil von Klaus Ernst sondern um den von armen Kindern, dann sind die genannten Blätter weit weniger kritisch, dann zitieren sie auch keine Linken.

So bejubelt Yasim El-Sharif heute für SPIEGEL-ONLINE heute die in Stuttgart bereits eingeführte „Familiencard“ unter der Headline: „Familiencard  ist Stuttgarts Liebling“.

Ganze 60 € im Jahr stehen damit Kindern zusätzlich zur Verfügung, die „beliebig“ ausgegeben werden können – ich zitiere:  „für Bildungsangebote, Musikkurse, Sportvereine oder auch als Zuschuss für eine Klassenfahrt.“

Der kleine Adrian, von dem El-Sharif erzählt, geht für 18 € mit seiner Mutter in den Zoo. Viel bleibt da für Sportverein, Musikkurse usw. nicht mehr übrig.  60 € sind besser als nichts. Stimmt, aber wenn man oder Frau so tut, als würden diese 60 € das Problem der in Deutschland extremen Benachteiligung armer Kinder lösen oder wenigstens merklich verbessern, dann lügt man – oder kann man so dumm sein?

Jeder, der weiß, was Nachhilfe kostet (45 Minuten – 11 Euro), wie teuer fünf Tage Fußballcamp sind (99.- € beim Fünftligisten BFC Dynamo) oder was man für den Unterricht in einer Musikschule hinblättern muss (Musikschule Spandau wöchentliche Unterrichtszeit 60 Minuten – Jahresentgelt (€) 979,20 – monatliche Rate (€) 81,60) kann über jährliche 60 € nur lachen.

Wer in Deutschland „arm“ geboren wird, hat viel geringere Bildungschancen, als die Kinder besser gestellten Eltern. Jeder zweite  Hauptschüler ist arm, aber nur jeder elfte Gymnasiast.

Studien beweisen außerdem, dass die Armut der Familie auch die Bewertung der schulischen Leistungen durch die Lehrer beeinflusst.

„Kevin ist kein Name, sondern eine Diuagnose“

„Sophie und Alexander haben Glück: Ihre Lehrer halten sie für leistungsstärker als Kinder, die Chantal oder Justin heißen. Eine Studie zeigt, dass Grundschulpädagogen Vorurteile gegen bestimmte Vornamen hegen – und manche Kinder deswegen sogar als besonders verhaltensauffällig einstufen.“

„Als eher freundlich und leistungsstark gelten den Grundschullehrern Jungen mit den Namen Alexander, Maximilian, Simon, Lukas und Jakob. Positiv bewertete Mädchennamen sind Charlotte, Nele, Marie, Emma und Katharina.

Auffällig schlecht bewerten die Lehrer die Namen Chantal, Justin, Dennis, Marvin und Jaquelin. Doch die Höchststrafe für Kinder lautet nach Ansicht der Grundschulpädagogen Kevin. Er führt die Rangliste der unbeliebten Namen an, gilt als verhaltensauffällig und leistungsschwach. Eine befragte Lehrerin kommentierte: „Kevin ist kein Name, sondern eine Diagnose.“  (SPIEGEL – KLICK zum ganzen Artikel)

Angesichts solcher Untersuchungen kann man sich vorstellen, wie günstig sich von der Leyens Ideen auf die Lebenspraxis der KInder und Eltern auswirken wird. Der Tagespiegel beschreibt die Pläne der Ministerin:

„Das Konzept der Arbeitsministerin sieht vor, dass vom nächsten Jahr an Nachhilfe oder die Mitgliedschaft in einem Verein von den Jobcentern bezahlt werden. Dort soll es künftig einen „Familienlotsen“ geben. Er soll kinderspezifische Bildungsangebote in seiner Region kennen, die Mitarbeiter der Behörde in Kinderbelangen beraten. Vorgesehen ist auch, dass es anders als bisher zu direkten Kontakten zwischen Schule und Jobcenter kommt, um den Bedarf von Hilfeleistungen zu ermitteln.“ (Tagesspiegel)

Das führt zu einer weiteren Stigmatisierung der betroffenen Kinder und zur weiteren Entrechtung  ihrer Eltern. Ob ein Jugendlicher einer betroffenen Familie Nachhilfe bekommt, soll zukünfig das Jobcenter entscheiden. Nein, ich habe mir das nicht ausgedacht. Man kann es in sehr vielen Zeitungen lesen und ein Aufschrei der darüber schreibenden Journalisten bleibt aus.

Sie schreiben: „Hartz-Familien“, „Hartz-Kinder“, „Kinder aus schwierigen Verhältnissen“, „Kinder aus sozial-schwachen Familien“ und meinen damit diejenigen Kinder, die in und von dieser Gesellschaft benachteiligt werden. Das sind keine Kinder von Frau oder Herrn Hartz, ihre Familien können durchaus über eine große soziale Kompetenz verfügen und sozial stark sein, nicht einmal aus „schwierigen“ Verhältnissen müssen die Kinder kommen – bei vielen lieben sich die Eltern. Es geht um Armut. Die Eltern armer Kinder sind auch arm. Und wenn man die Bildungschancen ihrer Kinder wirklich verbessern will, dann muss man Eltern und Kindern aus der Armut helfen. Mit einem bedingungslosen Grundeinkommen beispielsweise – von dem ein Leben in Würde möglich ist. Die Schulmittelfreiheit muss wieder gewährleistet werden und jedes Kind in der Schule oder im Kindergarten muss ein kostenfreies warmes Mittagessen bekommen. Die Mitgliedschaft in Sportvereinen darf das einzelne Kind nichts kosten, der Verein muss die Gebühren vom Land oder Bund bekommen. Wenn ein Kind Nachhilfe braucht, dann muss es die bekommen und bezahlt werden muss sie von der Kommune. Bücher muss man in Bibliotheken kostenlos ausleihen können und jedes Kind sollte mehrmals jährlich mit der Schule ins Theater oder Konzert gehen. Das ist alles nicht finanzierbar? Oh doch!

Aber so lange wir die herrschenden Verhältnisse zulassen, sind wir die Dummen.

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Eine Antwort zu Spieglein, Spieglein an der Wand – wer ist der Dümmste im ganzen Land?

  1. Miri sagt:

    „Ein etwas altertümliches Wort für Bildungs-Chipkarte: Armutszeugnis. ;-)“

    gefunden hier: https://twitter.com/Wurfschuh

    Der schreibt auch sonst sehr Wahres.

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