Eben habe ich mit dem Verfasser der ketzerischen Gedanken telefoniert. Er hat mir gestattet, sie auch hier zu veröffentlichen. Zugeschickt bekam ich sie von einem anderen Leser per Mail. Dafür bedanke ich mich herzlich bei Klaus Betzin. In dem Einheitsbrei von Lobhudelei über eine Revolution, die nie stattgefunden hat und Jubelgesängen über ein einiges Deutschland, das in Afganisthan schon wieder an einem Krieg beteiligt ist, ist jede andere Stimme eine Wohltat.
ND – 06. 11. 2009 – Leserzuschrift
Hilflos gegen das Bonner Nilpferd
Zu »Aufmucken gegen GeÂdenk-Rituale« (ND vom 2.11.)
Der Bericht über diesen Workshop animierte mich zu einem ketzerischen GeÂdanken: Es wäre doch inteÂressant, einmal bei den selbst ernannten DDR-BürÂgerrechtlern der Vorwende- Âund Wendezeit nachzufraÂgen, wie aktiv sie heute für die Bürgerrechte im wiedervereinigten Deutschland kämpfen. Von Birthler und Lengsfeld zum Beispiel hört man nur die übelsten DisÂkriminierungen der DDR.
Gibt es denn Initiativen von Biermann, Eppelmann, Bohley und Meckel in der Richtung »Schwerter zu Pflugscharen« oder Aufrufe zur WehrdienstverweigeÂrung bzw. Verteidigung von verfolgten WehrdienstverÂweigerern (Bundeswehr und US-Armee) in den Jahren nach der Wende? Oder habe ich etwas verpasst?
Jens Reich, einer der daÂmaligen Redner vom AleÂxanderplatz am 4. NovemÂber 1989, ist wenigstens ehrlich und gibt zu, dass PoÂlitik nicht sein Beruf ist, und zog sich in die Molekularbiologie zurück — mit dem leiÂsen Bedauern, dass die Ideen des Neuen Forums nicht verwirklicht wurden. Zitat: »Das Bonner Nilpferd ist in einer Massivität geÂkommen, dass man einfach hilflos war. Im Wahlkampf ist einfach der gesamte ApÂparatismus des Westens in den Osten gebracht worden. Dem hatten wir nichts entÂgegenzusetzen. Das waren in die DDR exportierte Westwahlen.«
Eberhard Schmiedel, 17034 Neubrandenburg